Eigentlich wollte ich schlafen gehen, aber die Nachrichten aus Frankreich treiben mich um.
Nach der Ankündigung Macrons am Abend der Europawahl, Neuwahlen abhalten zu lassen, entwickeln sich die Dinge in F in atemberaubender Geschwindigkeit. Kurz nach Macrons Ankündigung wurde ein Zusammenschluss linker Parteien gebildet, der Nouveau front populaire. Erklärtes Ziel: Gemeinsam eine Regierungsbildung durch das Rassemblement national, die Partei Marine le Pens, verhindern.
Heute nun war der erste Durchgang der Wahlen. Bedingt durch das komplizierte französische Wahlsystem (das ich bei jeder Wahl dort versuche, zu verstehen, was mir bisher nur begrenzt gelungen ist), wird es in den meisten Wahlkreisen Stichwahlen geben, das Ergebnis wird also erst in einer Woche vorliegen.
Das Bündnis Ensemble, das hinter Macron steht, will nun evtl. mit dem Linksbündnis zusammenarbeiten, um zu verhindern, dass Jordan Bardella, der Kandidat des RN, Ministerpräsident wird. Gelingt dies nicht, wird Macron vermutlich gezwungen sein, dem RN Regierungsverantwortung anzuvertrauen - das ist genau das, was er durch die vorgezogenen Wahlen verhindern wollte. Der Präsident der Republik wird erst im Jahr 2027 neu gewählt.
»Wir haben sieben Tage, um eine Katastrophe für Frankreich zu verhindern«, sagte der französische Sozialdemokrat Raphaël Glucksmann mit Blick auf die Stichwahl am 7. Juli. Quelle: SPON
Hier ist Raum für die Diskussion um die Ereignisse in Frankreich.
Edit: Die folgenden beiden Beiträge stammen aus einem anderen Strang, ich habe sie hierher kopiert, deswegen stimmt die Chronologie nicht.
Das Schönste, was ein Mensch hinterlassen kann, ist ein Lächeln im Gesicht derjenigen, die an ihn denken.
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Heute erste Runde der französischen Parlamentswahlen, die ja wegen der schlechten Ergebnisse bei den Europawahlen überhaupt anberaumt wurden. Ist jemand im Bilde über die aktuellen Umfragen/Sondages?
Macron verspielt, wie einst David Cameron in UK, die Zukunft seines Landes aus völliger Selbstüberschätzung und Fehleinschätzung der Lage. Seine Bewegung wurde ja auch dementsprechend abgestraft. Es ist zum Heulen.
Von aussen wirkt das jedenfalls riskant und gewissenmassen " ohne Not" herbeigeführt. Ein bisschen nach "beleidigter Leberwurst". Besteht denn die Möglichkeit, dass sich quasi ALLE Parteien links des RN zusammenschließen und damit dann noch vor LePen kommen? Kann der Präsident die Ernennung eines Premiers der stärksten Fraktion ablehnen (nicht im Geiste der Republik oder so)? Selbst wenn: wie käme es dann zu einer neuen Regierung? Bei Präsidentschaftwahlen gibt es das ja quasi seit 2002, dass in der zweiten Runde gerade noch ein FN/RN-Präsident verhindert werden konnte. Hier geht es ja jetzt aber ums Parlament Sog. Cohabitation gab's ja schon, allerdings nicht mit Beteiligung der Rechtsextremen.
Zitat von bri_honzina im Beitrag #4Macron verspielt, wie einst David Cameron in UK, die Zukunft seines Landes aus völliger Selbstüberschätzung und Fehleinschätzung der Lage.
Macron wollte die Rechtsnationalen stoppen. Nun hat er sich verzockt. Ganz offensichtlich verlieren Politiker, wie in D ja auch, den Kontakt zur Realität.
ZitatDer SPD-Außenpolitiker Michael Roth sieht eine Mitverantwortung der Bundesregierung für das starke Abschneiden des RN am Sonntag. „Wir haben uns zu wenig gefragt, wie wir den pro-europäischen, liberalen Präsidenten Macron besser unterstützen können“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses gegenüber „Politico“.
Lenita, klar ist noch vieles offen. In der ersten Runde gewinnrn nur die einen Sitz, die direkt über 50% hatten. Das sind aber immerhin schon ca. 60 RN Abgeordnete, mehr als vorhergesagt, für die anderen Plätze gibt es die Stichwahlen nächste Woche. Es ist sehr wahrscheinlich dass da viele den Kandidaten unterstützen, der nicht RN ist. Auch wenn es nicht ihr Kandidat ist - so ist ja macron Präsident geworden.
Liberta, ich denke, es geht da eher um Unterstützung für macron in der Außenpolitik und innerhalb der EU, nicht dass man den Franzosen sagt, was die wählen sollen. Beim Brexit hätte die EU auch mehr tun können, um Cameron zu unterstützen, aber die Frage ist halt auch immer, was das einem wert ist und vom wem man sich vor sich hertreiben lassen will. Dass Scholz und macron nicht miteinander können und daher oft eher gegeneinander als miteinander agieren ist ja kein Geheimnis, und natürlich strahlt dass auch negativ zurück auf ihre Wahrnehmung im jeweiligen Land.
So ähnlich ist ja auch Chirac 2002 Präsident geworden, ich glaube noch gegen LePen-Senior. So mit gegenseitigen Wahlempfehlungen von Konservativ bis Links. Gefühlt jedes Mal eine Nervenprobe und Zitterpartie.
Zitat von bri_honzina im Beitrag #4Macron verspielt, wie einst David Cameron in UK, die Zukunft seines Landes aus völliger Selbstüberschätzung und Fehleinschätzung der Lage. Seine Bewegung wurde ja auch dementsprechend abgestraft. Es ist zum Heulen.
Eher Fehleinschtätzung - das ist mehr als Besorgnis erregend. Und da sollten unsere Ampelmännchen mal sehr genau hinsehen.... Wer Wind sät. wird Sturm ernten...
Jeder Tag, an dem du nicht lächelst, ist ein verlorener Tag. - Charlie Chaplin -
Würde mich wundern, wenn das klappt mit dem "genau Hinsehen". Nicht jedenfalls, wenn es so läuft wie in D: "Wir (die Ampel und Links-Mitte-Grün) sind doch nicht Schuld, die Leute schätzen die Lage einfach nur falsch ein."
Zitat von bri_honzina im Beitrag #10Liberta, ich denke, es geht da eher um Unterstützung für macron in der Außenpolitik und innerhalb der EU, nicht dass man den Franzosen sagt, was die wählen sollen.
Glaubst du, die Parlamentswahlen in F wären anders ausgegangen, wenn Macron "in der Außenpolitik und innerhalb der EU" mehr Unterstützung von D und der EU bekommen hätte? Und wie hätte die Unterstützung konkret aussehen sollen? Ich weiß nicht, wie leicht die Franzosen in ihren politischen Entscheidungen beeinflussbar sind, aber die Vorstellung, dass sich die deutschen Wähler in ihren Wahlentscheidungen von F beeinflussen lassen würden, halte ich für eine ziemlich abstrakte Theorie.
Zitat von bri_honzina im Beitrag #10Dass Scholz und macron nicht miteinander können und daher oft eher gegeneinander als miteinander agieren ist ja kein Geheimnis, und natürlich strahlt dass auch negativ zurück auf ihre Wahrnehmung im jeweiligen Land.
Ja, natürlich nimmt man das in beiden Ländern wahr. Aber ich glaube nicht, dass es die Wahlentscheidung beeinflusst.
Man sollte die Dinge so nehmen, wie sie kommen. Aber man sollte dafür sorgen, dass die Dinge so kommen, wie man sie nehmen möchte.
Zitat von bri_honzina im Beitrag #10Liberta, ich denke, es geht da eher um Unterstützung für macron in der Außenpolitik und innerhalb der EU, nicht dass man den Franzosen sagt, was die wählen sollen.
Glaubst du, die Parlamentswahlen in F wären anders ausgegangen, wenn Macron "in der Außenpolitik und innerhalb der EU" mehr Unterstützung von D und der EU bekommen hätte? Und wie hätte die Unterstützung konkret aussehen sollen?
Ja, natuerlich. Ein Problem mit der EU und der Wahrnehmung der EU ist ja, dass das System darauf basiert, dass Kompromisse gefunden werden - und dass diese Kompromisse natuerlich verschiedenen Seiten etwas abverlangen. Wuerde sich die EU ganz oder noch viel mehr nach dem richten, was Frankreich moechte (z.B. in der Landwirtschaftspolitik, der Energiepolitik usw.), dann fiele schon Mal ein Grund weg, Le Pens Versprechen "ich kremple die EU so um, dass sie nur noch beschliesst, was Frankreich gut findet und was Frankreich nutzt" attraktiv zu finden.
Nur funktioniert dann das System einer Staatengemeinschaft nicht, oder zumindest nur stark eingeschränkt.
Und nein, es geht nicht nur um Migrationspolitik bei Le Pen, das ist nur ein Faktor, und noch nicht mal der bestimmende.
Zitat von Leuchtkachel im Beitrag #14Würde mich wundern, wenn das klappt mit dem "genau Hinsehen". Nicht jedenfalls, wenn es so läuft wie in D: "Wir (die Ampel und Links-Mitte-Grün) sind doch nicht Schuld, die Leute schätzen die Lage einfach nur falsch ein."
Ich wünschte diese schuld Schublade würde endlich mal verbannt werden.
Ursache - Wirkung
Es ist einfach logische Konsequenz. Und es ist ja europaweit zu betrachten und nicht nur ein Phänomen eines einzelnen Landes.
Die EU Politik war/ist ungut. Das die "von der Leyen" tatsächlich wieder nominiert wurde, zeigt das man nix verstanden hat.
Von den 40 Milliarden für Ägypten während es hier brennt, Fang ich gar nicht an.
Niemand erinnert dich zuverlässiger an deinen Erfolg als Neider
Bis morgen 18 Uhr müssen sich die KandidatInnen entscheiden, ob sie zur Stichwahl am 7.7. antreten. Dabei sind nur die KandidatInnen betroffen, die gestern mindestens 12,5 % der angegebenen Stimmen erreichten. In diesem Jahr ist dies wohl in 300 Wahlkreisen so. Es gibt viele Wahlkreise mit mindestens drei KandidatInnen.
Insofern rufen sowohl LePen, als auch Macron auf, Bündnisse zu schmieden und sich zu überlegen, wer ins Rennen geht.
******************************** Sagt es allen weiter - besonders den jungen Menschen: Werdet StammzellenspenderIn - rettet Leben! Spende geht oft über das Blut. * DKMS
Zitat von Leuchtkachel im Beitrag #14Würde mich wundern, wenn das klappt mit dem "genau Hinsehen". Nicht jedenfalls, wenn es so läuft wie in D: "Wir (die Ampel und Links-Mitte-Grün) sind doch nicht Schuld, die Leute schätzen die Lage einfach nur falsch ein."
Ich wünschte diese schuld Schublade würde endlich mal verbannt werden. Ursache - Wirkung Es ist einfach logische Konsequenz. Und es ist ja europaweit zu betrachten und nicht nur ein Phänomen eines einzelnen Landes. Die EU Politik war/ist ungut. Das die "von der Leyen" tatsächlich wieder nominiert wurde, zeigt das man nix verstanden hat. Von den 40 Milliarden für Ägypten während es hier brennt, Fang ich gar nicht an.
Das widerspricht meiner Aussage doch nicht? Die EU-Politik ist ungut, unsere Politiker tun zum Teil, als hätten sie damit nichts zu tun.
Zitat von Liberta im Beitrag #16Glaubst du, die Parlamentswahlen in F wären anders ausgegangen, wenn Macron "in der Außenpolitik und innerhalb der EU" mehr Unterstützung von D und der EU bekommen hätte? Und wie hätte die Unterstützung konkret aussehen sollen?
Ja, natuerlich. [...] Wuerde sich die EU ganz oder noch viel mehr nach dem richten, was Frankreich moechte (z.B. in der Landwirtschaftspolitik, der Energiepolitik usw.), dann fiele schon Mal ein Grund weg, Le Pens Versprechen "ich kremple die EU so um, dass sie nur noch beschliesst, was Frankreich gut findet und was Frankreich nutzt" attraktiv zu finden.
Das würde aber bedeuten, dass die anderen EU-Länder - und insbesondere die Deutschen - aktiv Rücksicht auf die Bedürfnisse/Wünsche der Franzosen hätten nehmen müssen, um Macrons Haut zu retten. Das kann doch aber auch nicht sein und das kann auch der SPD-Außenpolitiker Michael Roth mit seiner Kritik nicht gemeint haben. Ich denke schon lange, dass die EU keine Zukunft mehr hat und sich (früher oder später) selbst zerlegen wird. Die EU-Länder sind wirtschaftlich/geschichtlich/mental/kulturell einfach zu verschieden, um tragbare Kompromisse schließen zu können. Es wächst nicht zusammen, was nicht zusammengehört.
Man sollte die Dinge so nehmen, wie sie kommen. Aber man sollte dafür sorgen, dass die Dinge so kommen, wie man sie nehmen möchte.
Zitat von -franzi- im Beitrag #21Was wären denn eure Vorschläge für eine gute EU-Politik?
Zunächst mal eine Verkleinerung der Organe, und vor allem neue Regeln für die Neuaufnahme von weiteren Mitgliedern.
dem Parlament die Macht geben, nicht der Kommission. Moratorium für Neuaufnahmen für die nächsten 25 Jahre. Neue Regeln, Bestandsmitglieder ggfs. wieder die Mitgliedschaft zu kündigen. Neuer Fokus der Gemeinschaft als soziale und kulturelle Gemeinschaft, weniger Fokus auf ökonomische oder gar kriegerische Gemeinschaft Spitzenpositionen immer nur für eine halbe Dienstzeit, dann Rotation. Jedes Budget und jede Diät auf ein Drittel des Bisherigen reduziert. Inhaltlicher Fokus auf Umweltschutz, Soziale Gerechtigkeit, Frauen, Kinder, Ältere Menschen, Tierschutz, Kultur und Gesundheit.
Das oben ist meine private Meinung. Mein pers. Empfinden. Meine Wahrnehmung.
Zitat von Leuchtkachel im Beitrag #20Das widerspricht meiner Aussage doch nicht? Die EU-Politik ist ungut, unsere Politiker tun zum Teil, als hätten sie damit nichts zu tun.
War auch kein Widerspruch zu deiner Aussage 😉
Ich tu mir nur immer mit dem Wort "schuld" schwer.
Niemand erinnert dich zuverlässiger an deinen Erfolg als Neider